(Es gilt das gesprochene Wort)

Sie haben den heutigen Anlass unter den Titel «Wind des Wandels» gestellt. Als begeisterter Schlagzeuger höre ich bei diesem Titel natürlich sofort im Kopf die Melodie «wind of change» von den Scorpions.

«Wind of change» wurde 1989 geschrieben; die Ballade ist gewissermassen die Hymne der Wende. Die Lyrics sind ja sehr optimistisch; der Sänger spaziert der Moskwa entlang und träumt von einer Welt nach dem Kalten Krieg: «The wind of change blows straight into the face of time. Like a stormwind that will ring the freedom bell for peace of mind.»

Wenn wir heute an die optimistische Stimmung von damals denken, macht uns das eher nachdenklich: In Europa herrscht Krieg und die Welt spaltet sich wieder in machtpolitische Blöcke.

Andererseits ist reiner Pessimismus auch nicht angebracht, im Gegenteil: Denken wir nur, wie sich unser Leben in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Die Fortschritte in der Medizin, in den Kommunikationstechnologien unter anderem mit Mobiltelephonie oder mit der Internet-Revolution, in der Digitalisierung usw.

Der Fortschritt ist derart rasant, dass er selbst manchmal wieder zur grossen Herausforderung wird. Und manchmal auch vielen Angst macht – verständlicherweise!

Aber mich überzeugt ein anderer Ansatz – ein chinesisches Sprichwort sagt:

«Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen.»

Ich nenne es, in einem Wort zusammengefasst, Technologieoffenheit. Und dazu bekenne ich mich in allen meinem Departementsbereichen, ob es nun um die Entwicklung hin zu selbstfahrenden Fahrzeugen, um Künstliche Intelligenz oder Innovationen in der Kernenergie geht.

Diese Haltung stützt sich auf die historische Erfahrung der Schweiz: Unser Land hat es bis jetzt immer verstanden, unsere Werte zu bewahren, gleichzeitig aber ein Standort des Fortschritts zu sein. Dem haben wir den unglaublichen wirtschaftlichen Aufschwung zuzuschreiben, der mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert einsetzte und aus dem teilweise sehr armen Agrarstaat Schweiz eine der reichsten Industrienationen machte.

Erlauben Sie mir ein Zitat, einfach um die Stimmungslage hinsichtlich des Fortschrittes Mitte des 19. Jahrhunderts zu vermitteln: 1852 veröffentliche der Nationalrat einen Bericht zum Eisenbahnbau in der Schweiz. Darin wird dieser begeistert als «Bild grossartiger Bewegung, ungehemmten Fortschritts» beschrieben. Das tönt in unseren heutigen Ohren etwas überschwänglich, wir formulieren nüchterner – aber sind wir ehrlich: Unsere Vorfahren hatten Recht!

Diesem Verständnis, dass ein modernes Land ohne moderne Infrastruktur nicht möglich ist, haben wir die Spitzenpositionen unseres Landes in so vielen Wirtschaftsbereichen zu verdanken – und damit den Wohlstand und die Lebensqualität, von der wir alle profitieren.

In diesem Zusammenhang muss ich vor der Umweltverantwortungsinitiative warnen, über die wir am 9. Februar abstimmen: Sie ist ein direkter Angriff auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Um dem Ressourcenverbrauch wie verlangt zu senken, wären wir zu derart radikalen Eingriffen und Einsparungen gezwungen, wie man das sonst nur aus der Kriegswirtschaft kennt. Das ist der falsche Weg für unser Land!

Wir müssen genau das Gegenteil tun – so wie im erwähnten chinesischen Sprichwort: Wir dürfen uns dem Fortschritt nicht verschliessen mit Vorschriften und Verboten, sondern wir müssen ihn klug nutzen. Die Möglichkeiten des Fortschritts zu nutzen – vor dieser Herausforderung stehen wir auch im UVEK. Ich möchte darum hier die wichtigsten Fragen rund um eine fortschrittliche Infrastruktur und Mobilität ansprechen. Mit der Energiepolitik beginne ich, weil diese schlicht die Grundlage für das Funktionieren jeder modernen Gesellschaft ist:

Nach dem Grundsatzentscheid des Bundesrats zur Volksinitiative «Blackout stoppen»:

Der Bundesrat hat entschieden, der Volksinitiative «Blackout stoppen» einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber zu stellen. Mit dem Gegenvorschlag will der Bundesrat ermöglichen, dass neue Kernkraftwerke in der Schweiz wieder bewilligt werden können.
Dieser Gegenvorschlag befindet sich bis am 3. April 2025 im Vernehmlassungsprozess. Danach kann das Parlament darüber entscheiden und abschliessend das Volk.
Im Bereich der Kernkraft erwarten Experten die ersten serienmässig gefertigten Small Modular Reactors (SMRs) in fünf bis sieben Jahren. Diese kleinen standardisierten Kernkraftwerke sind insbesondere kleiner und günstiger als die herkömmlichen Kernkraftwerke. Diese wären insbesondere als Bandenergie für die Wintermonate wichtig.
Es gilt zu unterstreichen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien weiterhin erste Priorität geniesst. Aber es gilt auch für den Fall vorzusorgen, wenn der Ausbau der Erneuerbaren stockt, wie dies beispielsweise bei den grossen Wasserkraftprojekten der Fall ist. Diese werden durch Einsprachen behindert.

Mobilität

Weiteres Vorgehen nach der Abstimmung:

Im Moment arbeitet mein Departement auf Hochtouren daran, wie die Umsetzungsprobleme auf Strasse und Schiene angegangen werden können. Heute kann ich dazu nicht mehr sagen. Wir werden aber noch vor Ende Monat informieren.

Verkehrssystem als Gesamtsystem:

Die Mobilität nimmt gemäss den Verkehrsperspektiven des Bundes in den nächsten Jahren weiterhin zu: Personenverkehr +11 Prozent, Güterverkehr +31 Prozent (Zeithorizont 2050 im Vergleich zu 2017). Haupttreiber sind das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum. Es braucht deshalb weitere Ausbauten der Verkehrsinfrastrukturen. Zudem müssen wir die bestehende Infrastruktur erhalten.
Mit den beiden unbefristeten Fonds BIF und NAF haben wir eine gute Grundlage. BIF und NAF ermöglichen nebst einem kontinuierlichen Ausbau insbesondere auch eine ausreichende Finanzierung für den Betrieb und den Substanzerhalt der bestehenden Infrastruktur.
Die Ausbauprogramme des Bundes für die Eisenbahn, für die Nationalstrassen und die Agglomerationsprogramme sollen noch besser aufeinander abgestimmt werden.
Zum Gesamtsystem gehört auch die Schaffung einer Mobilitätsdateninfrastruktur, welche über einen verkehrsträgerübergreifenden Datenfluss eine noch bessere Nutzung des verkehrlichen Gesamtsystems erlaubt.
Dazu wird der Bundesrat im Verlauf dieses Jahres die Botschaft ans Parlament überweisen. Sehr wichtig ist auch die Vorlage zur Modernisierung des Schienengüterverkehrs, über welche der Nationalrat als Zweitrat im Frühling entscheiden wird:
Der Binnen-Schienengüterverkehr leistet einen unerlässlichen Beitrag an die Versorgungssicherheit der Schweiz und entlastet die Strasse.
Es ist eine Reduktion der Regelungsdichte anzustreben. Dazu können alle einen Beitrag leisten: Der Bund beim hoheitlichen Regelwerk, die Branche bei den Normen und den branchenspezifischen Erlassen, die Unternehmen in ihren internen Vorgaben. Wir brauchen zweckmässige, nicht luxuriöse Infrastrukturen.

Damit komme ich abschliessend noch zu einem der Zukunftsthemen schlechthin, dem automatisierten Fahren:

Automatisiertes Fahren:

Das Parlament hat im Frühling 2023 eine Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) beschlossen und damit Rahmenbedingungen für das automatisierte Fahren geschaffen.
Die Gesetzesrevision ermöglicht es, aktuelle und künftige Entwicklungen beim automatisierten Fahren rasch auf Schweizer Strassen einzuführen.

Einen ersten Schritt hat der Bundesrat im Dezember gemacht, in dem er drei neue Anwendungsfälle erlaubt:

1. Neu dürfen Lenkerinnen und Lenker eines automatisierten Fahrzeugs auf Autobahnen einen Autobahnpiloten verwenden. Sie müssen aber selbstverständlich noch bereit bleiben, die Fahrzeugbedienung jederzeit wieder selbst auszuüben, wenn sie das Automatisierungssystem dazu auffordert.

2. Neu ist es möglich, ein Parkhaus zu betreiben, wo man das Fahrzeug am Eingang abstellt und das Auto dann selbständig parkiert.

3. Neu ist der Einsatz von führerlosen Fahrzeugen auf behördlich genehmigten Strecken erlaubt. Die führerlosen Fahrzeuge müssen aber noch von einem Operator in einer Zentrale überwacht werden. Diese Anwendungsfall ist insbesondere für den Gütertransport und die Abdeckung der «letzten Meile» im Personenverkehr attraktiv.

Das Bundesamt für Strassen beobachtet die technologische Entwicklung laufend weiter. Wenn es der technologische Fortschritt erlaubt, wird der Bundesrat neue Anwendungsfälle zulassen.

Fazit:

Sie sehen, Infrastruktur ist nicht einfach ein Zustand; Infrastruktur ist eine beständige Arbeit und Aufgabe, sie verlangt fortwährende Investitionen und weitsichtige Entscheidungen. Wir hatten das Glück, dass wir in der Schweiz von der Generation vor uns eine der besten Infrastrukturen der Welt übernehmen durften. Damit dürfen wir uns aber nicht zufrieden geben, sonst fallen wir von der Spitze zurück ins Mittelmass.

Wir stehen in der Pflicht, heute an der Infrastruktur von morgen zu arbeiten – und dafür werde ich auch Ihre Unterstützung brauchen. Denn die wichtigsten Weichenstellungen werden die Bürgerinnen und Bürger an der Urne vornehmen.

Infra-Tagung 2025 «Wind des Wandels»